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COP29: Einigung oder ein Tropfen auf den heißen Stein?

6. November 2024
Schriftzug COP29 und eine Weltkugel im Anschnitt

Am 11. November startet die COP29 in Baku. Die Erwartungen der Weltgemeinschaft sind hoch. Wird es eine Einigung bei den entscheidenden Punkten geben oder bleiben die Ergebnisse der zwei Verhandlungswochen ein Tropfen auf den heißen Stein? 

Die UN-Klimakonferenz, auch COP (Conference of the Parties) genannt, ist das Ereignis, zu dem Jahr für Jahr Delegierte aus allen Teilen der Welt zusammenkommen. Das Ziel ist eine Einigung in strittigen Punkten und Diskussionen über Strategien und Maßnahmen zur Reduzierung der globalen Erderwärmung. Welche Herausforderungen bringt die COP29 mit sich, welche Haltung nehmen die EU und Deutschland ein und welche Rolle spielt das freiwillige Engagement von Unternehmen bei der Erreichung der globalen Klimaziele? Antworten auf diese Fragen finden Sie im nachfolgenden Artikel.

Die Herausforderungen der COP29 in Kürze:


Klimafinanzierung und die Festlegung des neuen kollektiven, quantifizierten Ziels (New Collective Quantified Goal on Climate Finance, NCQG) für die Klimafinanzierung der Staaten  
• Herausforderungen: Es soll nicht nur ein neuer Zielbetrag festgelegt werden, sondern auch die Beitragszahler ermittelt sowie der Umfang der betreffenden Finanzmittel definiert werden. 

Artikel 6 und die Stärkung der Kohlenstoffmärkte  
• Herausforderungen: Für Transaktionen auf Kohlenstoffmärkten braucht es klare Regeln, um Transparenz zu gewährleisten und Greenwashing zu verhindern. Ziel ist unter anderem die Schaffung eines zentralisierten Buchhaltungssystems zur Vermeidung von Doppelzählungen. 

Aufstockung des Loss and Damage Fund 
• Herausforderungen: Es ist zu erwarten, dass sich die Diskussionen auf innovative Finanzierungsmechanismen wie Klimarisikoversicherungen und Katastrophenanleihen konzentrieren, um die Kapazität des Fonds zu erhöhen. Industrieländer sollen ihren Verpflichtungen nachkommen und neue Geber hinzukommen, um sicherzustellen, dass die am stärksten gefährdeten Nationen die Unterstützung erhalten, die sie benötigen.  

Vorantreiben der Anpassungsbemühungen  
• Herausforderungen: Klimarisiken sollen in die nationale Planung mit einbezogen werden, ebenso die Förderung von naturbasierten Lösungen und gemeindegestützte Anpassungsinitiativen. Außerdem soll die finanzielle Unterstützung für Anpassungsprojekte aufgestockt werden, und das insbesondere in den Ländern, die überproportional von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind. 

Aktualisierung der national festgelegten Beiträge (NDCs)  
• Herausforderungen: Im Rahmen des Pariser Abkommens sind die Länder verpflichtet, ihre NDCs alle fünf Jahre zu aktualisieren (nächste Aktualisierung 2025). Die neuen NDCs müssen ehrgeiziger sein und sich bei ihrer Verbesserung auf die jüngsten Fortschritte in der Klimawissenschaft, technologische Innovationen und ein besseres Verständnis der Klimaauswirkungen stützen. 

Die hier aufgezählten Themenbereiche und deren Herausforderungen betreffen hauptsächlich die Staatengemeinschaft. Die Länder der EU vertreten dabei eine gemeinsame Position. 


Welche Position nimmt die EU ein? 


Die Umweltminister:innen der EU-Staaten haben sich darauf geeinigt, sich auf der COP29 für die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels einzusetzen. Die Rolle der Atomenergie zur Erreichung der Klimaziele soll ebenso wie erneuerbare Energien diskutiert werden. Außerdem will sich die EU für ein neues, gemeinsames Ziel für die Unterstützung von Entwicklungs- und Schwellenländern stark machen und langfristige Resilienz aufbauen. Hier können Sie die Haltung der EU ausführlich nachlesen. Zudem fordert die EU eine Beschleunigung des Ausstiegs aus den fossilen Brennstoffen. Zu diesem Punkt gab es Ende Oktober bereits einen ersten Durchbruch: Die G20-Staaten haben sich nach einem Treffen in Washington zu einer Abkehr von fossilen Brennstoffen bekannt und übernahmen damit die Formulierung aus der Abschlusserklärung der UN-Klimakonferenz von 2023 in Dubai. Zu der Gruppe der betreffenden Industriestaaten gehören auch ölproduzierende Länder wie Brasilien, Mexiko, Russland und Saudi-Arabien.

Die Standpunkte Deutschlands  


Auch wenn die Verhandlungen und Beschlüsse der COP auf Staatenebene stattfinden, schwingen bei all diesen Diskussionen auch entsprechende Indikationen für die Wirtschaft mit. Dies wurde auch beim diesjährigen COP-Briefing der Bundesregierung in Berlin deutlich. Organisiert vom Auswärtigen Amt, dem Deutschen Klima-Konsortium e.V. und der Stiftung KlimaWirtschaft findet jährlich ein Briefing in Vorbereitung auf die anstehende COP statt, in dem die Haltung Deutschlands in den anstehenden Verhandlungen greifbarer gemacht werden soll. 

Am 18. Oktober 2024 hat auch ClimatePartner am diesjährigen Briefing zur 29. COP in Berlin teilgenommen. Unter dem Motto „Transformation für 1,5 Grad beschleunigen“ wurden besonders auch private Klimainvestitionen von vielen Akteuren als Schlüssel für die globale Zielerreichung hervorgehoben. Ausführliche Informationen zu der Veranstaltung finden Sie hier

Mit Blick auf das freiwillige Klimaschutzengagement von Unternehmen sind dies unsere zentralen Takeaways der Veranstaltung: 

•    Sabine Nallinger, Vorständin der Stiftung KlimaWirtschaft, sagte in Berlin, Klimaschutz koste nicht unseren Wohlstand, sondern sei der Schlüssel, um unseren Lebensstandard zu erhalten. Außerdem bräuchten Unternehmen regulatorische Sicherheit, um in die Transformation investieren zu können.

•    Bundesaußenministerin Annalena Baerbock sprach in ihrer Rede darüber, dass Klimapolitik Chance und Sicherheitsrisiko zugleich sei. Sie appellierte daran, dass jedes Grad Celsius Temperaturanstieg, das wir verhindern können, Armut lindern kann.

•    Heiko Thoms, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, machte deutlich, dass Klimaziele den massiven Einsatz von privatem Kapital erfordern. Dafür müsse die Politik einen sicheren Rahmen und sinnvolle Anreize für die Wirtschaft schaffen.

Dafür braucht es transparente und robuste Marktstrukturen, vor allem auch für private Investitionen, die über den freiwilligen Kohlenstoffmarkt getätigt werden. Mit Spannung wird in Baku insbesondere auch eine Einigung zu Artikel 6 erwartet.

Kommt die Einigung zu Artikel 6?  


Im Pariser Klimaschutzabkommen werden unter anderem die Möglichkeiten für die internationale Zusammenarbeit definiert. Eine Grundlage für zwischenstaatliche Kooperationen beim Klimaschutz bietet hier unter anderem Artikel 6. Er legt Mechanismen für den internationalen Handel von CO2-Zertifikaten und die länderübergreifende Zusammenarbeit bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen fest. In diesem Beitrag haben wir die Bedeutung von Artikel 6 schon einmal ausführlich erläutert. Und auch wenn er vorrangig für die Ausweitung der Kohlenstoffmärkte im Rahmen des UNFCCC ist – auch auf den Voluntary Carbon Market (VCM) haben entsprechende Entscheidungen einen erheblichen Einfluss. Die Operationalisierung von Artikel 6 ist von entscheidender Bedeutung, um mehr Sicherheit auf dem freiwilligen CO2-Markt zu schaffen, der dazu beiträgt, private Finanzmittel in den Klimaschutz im globalen Süden zu lenken. 


In den letzten Monaten gab es rund um Artikel 6 bereits Fortschritte. So einigte sich das Aufsichtsgremium für den Artikel-6.4-Mechanismus Mitte Oktober bei der Sitzung des Supervisory Body im Vorfeld der COP auf zwei wichtige Standards in Bezug auf die CO2-Entfernung sowie die Entwicklung und Bewertung von Projekten nach Artikel 6.4. Maria AlJishi, die Vorsitzende des Aufsichtsgremiums, wertet „die Einführung dieser Standards als einen wichtigen Schritt nach vorn auf dem Weg zu einem robusten, flexiblen und entwicklungsfähigen Kohlenstoffmarkt“. Die jüngsten Fortschritte des Aufsichtsorgans gemäß Artikel 6.4 sind in der Tat vielversprechend und dürften die Verhandlungen in Baku beschleunigen.

Das freiwillige Engagement von Unternehmen als Chance  


Wir bereits oben erläutert, sind sich Expert:innen einig, dass die freiwilligen Klimaschutzinvestitionen von Unternehmen und damit der freiwillige Kohlenstoffmarkt essentiell sind, um die so notwendige Geschwindigkeit im globalen Klimaschutz zu erlangen. Hier bietet sich eine große Chance, die noch lange nicht ausgeschöpft ist. Dafür benötigt es jedoch dringend sinnvolle Anreize aber eben auch einen klaren und rechtssicheren Rahmen für investierende Unternehmen. Dem wird auf politischer Ebene aktuell noch nicht in genügendem Maße Rechnung getragen. Es wäre daher politisch ein starkes Zeichen, dem VCM in den Verhandlungen mehr Beachtung zu schenken und die dahinterliegende Chance auch auf politischer Ebene zu erkennen. Denn das freiwillige Engagement von Unternehmen ist für die Erreichung der nationalen und internationalen Klimaschutzziele von zentraler Bedeutung. Insbesondere durch die Förderung von Klimaschutzprojekten in Entwicklungsländern aber auch durch die Unterstützung von CO2-Senkenprojekten, wie Aufforstung und dem Schutz von Ökosystemen. Was die Beschlüsse der COP29 für Unternehmen bedeuten, lesen Sie hier.

Unsere Tochtergesellschaft ClimatePartner Impact wird in einem Panel auf der COP29 versuchen, eine Annäherung beider Märkte voranzubringen. In dem Panel "Contribution to Global Net Zero – Leveraging Carbon Markets for Public-Private Partnerships“ soll untersucht werden, wie öffentlich-private Partnerschaften dazu beitragen können, die Lücke in der Klimafinanzierung durch freiwillige Kohlenstoffmärkte zu schließen. Der Schwerpunkt wird auf gemeinsamen Strategien zur Entwicklung von Klimaprojekten in den Bereichen liegen, in denen das Gastland vor Herausforderungen steht. Ziel ist es, sowohl die Gastgeberländer als auch den Privatsektor in die Lage zu versetzen, sich auf den Kohlenstoffmärkten zu engagieren, um gemeinsam den Klimaschutz voranzutreiben. Diskussionsteilnehmer sind neben Expert:innen von ClimatePartner Impact auch Vertreter:innen der Stiftung Allianz für Entwicklung und Klima, der Oxford University und REGID Carbon. Sollten Sie vor Ort sein, besuchen Sie uns gerne und diskutieren Sie mit.  

Die COP29 wird voraussichtlich ein Meilenstein in der globalen Klimaagenda sein. Die Welt schaut mit Spannung nach Baku und die Ergebnisse werden zeigen, wie effektiv wir Ressourcen mobilisieren, Lösungen umsetzen und diejenigen unterstützen können, die am stärksten vom Klimawandel betroffen sind. Wie auch in den vergangenen Jahren ruhen die Hoffnungen dieser Länder auf den Industrienationen. Besonders im Hinblick auf den Loss and Damage Fund, aber auch auf die Festlegung eines neuen NCQG wird bei den diesjährigen Verhandlungen um weitere Milliarden gerungen werden. Der Druck, dass sich reiche Industrienationen, die für den Hauptteil der klimaschädlichen Emissionen verantwortlich sind, moralisch ihrem Gewissen stellen und dementsprechend Gelder fließen – er war noch nie so groß.
 

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