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Klimakleber: Ein Thema – zwei Perspektiven

14. September 2023
Auf der Straße festgeklebte Hand, die von Polizei abgelöst wird

Klimakleber: Ein Thema – zwei Perspektiven

Sich fürs Klima auf der Straße festkleben: Für die einen ein einziges Ärgernis und Anlass, sich von Klima-Aktivismus grundsätzlich zu distanzieren. Für die anderen ist diese Form des zivilen Ungehorsams ein adäquates Mittel, um auf den größten Notstand unserer Zeit aufmerksam zu machen. Welche Haltung nimmt ein Unternehmen, das sich selbst aktiv für den Klimaschutz einsetzt, zu so einer umstrittenen Form des Protestes ein?  

Moritz Lehmkuhl, Gründer und CEO von ClimatePartner sagt dazu: “Eine offizielle Unternehmenshaltung zu einem solchen Thema vorzugeben, halte ich für absoluten Irrsinn. Wir sind als Unternehmen international tätig. Bei uns arbeiten auch Mitarbeiter:innen aus den Teilen der Welt, in denen über die Klimakrise nicht nur diskutiert wird, sondern in denen sie schon ganz real und sichtbar für alle angekommen ist. Wir profitieren als Unternehmen unglaublich davon, dass wir allein deshalb auf Themen rund um den Klimaschutz aus so unterschiedlichen Perspektiven schauen können. Das bringt uns inhaltlich enorm voran. Dass sich unsere Mitarbeiter:innen dabei nicht nur beruflich, sondern auch privat für mehr Klimaschutz einsetzen und sicherlich auch ihre ganz persönliche Meinung zu Protestformen haben, ist für mich selbstverständlich und wichtig. Über verschiedene Themen wie dieses können wir daher untereinander auch trefflich diskutieren. Wichtig ist mir lediglich, dass wir uns im beruflichen Kontext bei ClimatePartner auf einen gemeinsamen Nenner einigen können: Wir wollen zusammen möglichst viele Unternehmen dazu motivieren, sich freiwillig im Klimaschutz zu engagieren.” 

Wir haben im ClimatePartner Team nach unterschiedlichen Perspektiven zum Thema Klima-Aktivismus gesucht und sind bei Björn Bröskamp (Business Development) und Jan Schüßler (Customer Management) fündig geworden.  

ClimatePartner: Als Mitarbeiter von ClimatePartner befasst ihr euch tagtäglich mit dem Thema Klimaschutz. Natürlich bildet ihr euch da auch persönliche Meinungen zu bestimmten Themen. Wie steht ihr grundlegend zum Engagement der Klimakleber? Macht das aus eurer Sicht Sinn?  

Björn: Wir befinden uns in einer Klimakrise. Der Großteil der Bevölkerung verhält sich so, als wenn wir nichts ändern müssen und die Regierung mit einem „Klimakanzler“ wird nicht aktiv. Wenn man sieht, welche Temperaturanstiege das IPCC für junge Menschen projiziert, verstehe ich gut, dass sie protestieren. 

Jan: Ich kann Björn da nur zustimmen. Wir brauchen noch viel mehr Engagement und viele kluge Köpfe, um kontinuierlich an cleveren Lösungen für mehr Klimaschutz zu arbeiten. Was mich an den Klimaklebern und auch an dem Wort Klimakrise stört, ist der Fatalismus, der da durchklingt. Das setzt keine positiven Emotionen frei. Was wir nicht brauchen, sind festgeklebte Hände und negative Zukunftsaussichten. Wir brauchen einen Spirit, der ausdrückt: „Kommt lasst uns gemeinsam anpacken und die Welt verbessern!“ 

ClimatePartner: Würdest Du so weit gehen, zu sagen, dass diese Klima-Aktivisten dem Klima am Ende sogar schaden?  

Jan: Die Aufmerksamkeit, die sie kurzfristig generieren, ist das Eine. Das andere sind die Gegenreaktionen, die durch diese Aktionen hervorgerufen werden. Außerhalb unserer sozialen Blase - universitär, städtisch geprägt, mit dem Privileg versehen biologisch wertvoll und bewusst einzukaufen und auf ein Auto verzichten zu können - habe ich bislang niemand kennengelernt, der diese Art des Protestes befürwortet. Ich habe die Befürchtung, dass durch Aktionen wie das Festkleben genau das Gegenteil eintritt. Solche Aktionen polarisieren einfach zu stark und weite Teile der Bevölkerung haben dafür kein Verständnis. Die negativen Emotionen gegenüber dieser Art des Protestes übertragen sich dann jedoch auch auf viele sinnvolle Maßnahmen im Klimaschutz. Teile der Bevölkerung wollen dann gar nichts mehr damit zu tun haben oder reagieren allergisch gegen alles, was mit „Klima“ zu tun hat. Ich befürchte, dass dies zu einer Gegenreaktion führt, die im schlimmsten Fall in weniger Klimaschutz mündet. Solche Aktionen vereinen nicht hinter dem großen Ziel einer kontinuierlichen Emissionssenkung, sie trennen. Doch wenn wir als Gesellschaft schnell Emissionen senken wollen, brauchen wir vor allem Einheit.  

Björn: Was ich schade finde an der ganzen Diskussion über Klimakleber: Ihre eigentlichen Beweggründe geraten in den Hintergrund. Es wird nur noch über ihre Aktionen und die Auswirkungen diskutiert. Dabei ist das doch gar nicht das Wesentliche.  

ClimatePartner: Was denkst du über ihre Beweggründe? Machen sie die Handlung für Dich nachvollziehbarer?  

Björn: Absolut! Ich kann es voll und ganz verstehen, dass sie Ängste haben und aufmerksam machen. In einer Demokratie haben wir das Recht, zu protestieren! Und in der heutigen Zeit muss man durch extreme Aktionen auf sich aufmerksam machen. Der sogenannte zivile Ungehorsam ist dabei ein Mittel, das in der Vergangenheit auch bei anderen Themen immer wieder von Aktivist:innen eingesetzt wurde. Die Beweggründe sind eigentlich offensichtlich und sollten inzwischen auch wirklich jedem klar sein. Wir müssen ganz schnell radikale Änderungen anstoßen, damit das Leben nicht deutlich schwieriger wird in der Zukunft. Vor diesem Hintergrund frage ich mich: Können die Aktionen überhaupt zu radikal sein? Durch die Protestaktionen wird niemand verletzt. Das ist meiner Meinung nach entscheidend. Ansonsten brauchen radikale Veränderungen vielleicht auch radikale Formen des Protests.  

ClimatePartner: Und wenn Du selbst beim Weg zur Arbeit oder in den Familienurlaub durch Klimakleber verhindert wirst? Was würdest Du tun und würde die persönliche Betroffenheit deine Haltung ändern? 

Björn: Ich würde einen anderen Weg suchen, wenn ich es eilig habe. Dann brauche ich halt länger. Da ich aber meistens mit dem Fahrrad unterwegs bin, ist die Chance gering, dass das passiert. Es würde aber nichts an meiner Haltung ändern und mein Verständnis für diese Aktionen bleibt.  

Jan: Ich kann ihre Aktionen schon auch nachvollziehen. Aber ich würde nicht so handeln. Im Kopf der Menschen scheint der Klimawandel schon so akut zu sein, dass sie keine anderen Mittel sehen, als zu solch drastischen Maßnahmen zu greifen. Man könnte es als einen sehr altruistischen Akt bezeichnen, sich für folgende Generationen, oder für akut Betroffene in anderen Erdteilen so dramatisch einzusetzen. Die Forderungen und Maßnahmen sind mir aber zu radikal, fast schon diktatorisch/religiös fanatisch. Dieser absolute Anspruch gefällt mir nicht, dafür bin ich zu sehr Demokrat. Eventuell habe ich aber auch da eine falsche Wahrnehmung der Klimakleber und ich würde mich gerne im Dialog vom Gegenteil überzeugen lassen. Vielleicht sollten wir das mal zum Anlass nehmen und eine Diskussion mit der letzten Generation zum Thema Lösungen im Klimaschutz starten. 

ClimatePartner: Gute Idee. Lasst uns gemeinsam auf die andere Seite blicken: Wie empfindet ihr das Vorgehen von Politik und Justiz gegen die “Letzte Generation“? 

Jan: Als Politik sollte man den Klimaschutz noch viel stärker auf der Agenda haben, aber nicht von der letzten Generation treiben lassen. Ich stehe in Deutschland zu 100% hinter der Justiz und denke die machen einen tollen Job. Die wägen ab und reagieren genau richtig.   

Björn: In meinen Augen ist die Politik viel zu zurückhaltend und löst ihre Wahlversprechen in Bezug auf das Klima nicht ein. Ich würde mir von der aktuellen Regierung mehr Dialog wünschen. Das deutsche Rechtssystem funktioniert ja grundsätzlich sehr gut. Die ausgesprochenen Gerichtsentscheidungen empfinde ich jedoch als unverhältnismäßig.   

ClimatePartner: Wenn du etwas rund um das Thema “Klimakleben” ändern könntest, was wäre das?  

Björn: Ich würde mir mehr Auseinandersetzung der allgemeinen Bevölkerung wünschen und angemessene Bestrafung für Wutbürger, die auf die Protestierenden einschlagen. In meinen Augen wird zu viel über Staus berichtet und diskutiert und zu wenig darüber, warum sich Leute festkleben. Wenn wir es schaffen, diese emotional sehr aufgeladene Diskussion viel mehr in eine sachliche Richtung zu bewegen, wäre allen geholfen.  

Jan: Da kann ich Björn nur rechtgeben: Schlimmer als das Festkleben finde ich die Leute, die mit Gewalt gegen die Protestierenden vorgehen. Ich würde mir wünschen, dass wir als Gesellschaft mehr in den Dialog gehen, diskutieren und gemeinsam um die besten Lösungen ringen, anstatt uns zu spalten. Wir müssen zusammenhalten und das Thema gemeinsam angehen und uns nicht in polarisierende Blöcke aufteilen. 

ClimatePartner: Danke für eure Perspektiven zum Thema! 

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