Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Verantwortung - Wie gehen Unternehmen den Kampf gegen den Klimawandel an

21. Mai 2021

Ein Climate Action Insights Gastbeitrag von Toni Kiel, Mitgründer der Nachhaltigkeitsberatung plant values

 

Der kürzlich veröffentlichte Climate Awareness Report 2021 von ClimatePartner zeigt, wie sehr Verbraucherinnen und Verbraucher beim Einkauf bereits auf die CO2-Emissionen bzw. die Klimaneutralität von Produkten achten. Für einige Unternehmen bedeutet diese Entwicklung neue Marktchancen, für andere ein deutliches öffentliches Verlangen nach mehr Klimaschutz. In diesem Artikel berichten wir aus unserer Erfahrung als Nachhaltigkeits- und CR-Berater, wie Unternehmen mit dieser Situation umgehen. Wir wollen damit zudem Inspiration geben, wie die Verringerung von CO2-Emissionen auf dem Weg zu Net Zero und andere Nachhaltigkeitsthemen miteinander in Einklang gebracht werden können.

Die Reduzierung von CO2-Emissionen im Kontext der Nachhaltigkeitsthemen

Für Unternehmen wird von außen nicht nur der Ruf nach Klimaschutz lauter, sondern ebenso auch der nach Nachhaltigkeit. Oft genug ist dies auch verbunden mit dem Ruf nach der Verantwortung von Unternehmen.

Um diese großen Begriffe Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Verantwortung handhabbar zu machen, müssen sie in ihre Handlungsfelder zerlegt werden. Diese reichen vom Schutz der Artenvielfalt über faire Arbeitsbedingungen in internationalen Produktionen, Trinkwassernutzung, Kreislauffähigkeit von Produkten oder Zufriedenheit der Mitarbeitenden bis eben zur Reduzierung von CO2-Emissionen und vielen weiteren. Wollen Unternehmen ihrer diesbezüglichen Verantwortung nachkommen, tut sich somit eine neue Disziplin für sie auf. Dann müssen sie ihre Wirkungen auf Umwelt und Gesellschaft verstehen lernen und die wichtigen Themen identifizieren. Für viele Unternehmen ist das eine Kompetenz, die zuvor so nie gebraucht wurde.

Herausforderungen, denen sich Unternehmen gegenübersehen

Verständlicherweise ergeben sich mit vielfältigen Nachhaltigkeitsthemen auch eine Vielzahl von Herausforderungen. Wir wollen einige davon schildern, die wir regelmäßig beobachten:

Nachhaltigkeitsthemen sind verflochten und schwer klar zu trennen

Die verschiedenen Nachhaltigkeitsthemen sind oft miteinander verflochten und damit nicht losgelöst voneinander zu betrachten. So ist Klimaschutz nicht nur direkt durch den Umgang mit CO2-Emissionen bedingt, sondern auch indirekt durch Biodiversität (CO2-Speicherkapazität intakter Ökosysteme) oder auch die Bekämpfung von Ungleichheit im globalen Süden (Zugang von Menschen zu weniger klimaschädlichen Energieformen). Klimaschutz kann also automatisch gestärkt werden, wenn das Unternehmen sich für bestimme Ökosysteme einsetzt. Gleichzeitig müssen Biodiversität und die Bekämpfung von Ungleichheit mitgedacht werden, wenn konsequent am Klimaschutz gearbeitet werden soll. Diese Vielschichtigkeit zeigt sich besonders deutlich an dem gleich mehrfachen Zusatznutzen der zum CO2-Ausgleich dienenden Klimaschutzprojekte, die in der Regel stets auch zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen, den UN SDGs, beitragen.

Klimakommunikation ist komplex, wird aber gefordert

Ein weiterer Punkt ist, dass Klimawandel und CO2-Emissionen eigentlich einer sehr komplexen und aufwändigen Kommunikation bedürfen. Komplex, weil die globalen Zusammenhänge von Klimaemissionen, den Klimaszenarien, auf die wir aufbauen, und die Rolle des eigenen Unternehmens darin nicht leicht zu verstehen sind. Allerdings wächst das öffentliche Interesse am Klimawandel und so bietet sich das Thema für Unternehmen kommunikativ immer mehr an.

Äußere Anforderungen zum Umgang mit CO2-Emissionen und anderen Nachhaltigkeitsthemen

Zuletzt sehen sich manche Unternehmen durch äußere Anforderungen gezwungen, an der Reduzierung ihrer CO2-Emissionen zu arbeiten. Anders gesagt, wird das Thema CO2-Emissionen durch externen Druck in den Fokus der Nachhaltigkeitsprioritäten im Unternehmen gerückt. Dort fällt es dann oft schwer, ein strukturiertes oder gar strategisches Vorgehen bezüglich des Umgangs mit CO2-Emissionen aufzubauen. Stattdessen wird das Vorgehen ein reaktives, das immer erneut die externen Anforderungen aufnimmt. Die Unternehmen geben dadurch Gestaltungsmöglichkeiten aus der Hand.

Drei Typen der Klimaschutzmotivation

Unternehmen müssen das Thema CO2-Emissionen bzw. Klimaschutz in eine handhabbare Struktur mit den anderen Nachhaltigkeitsthemen bringen. Zusammen mit der Art des Unternehmens und der Motivation zur CO2-Reduktion und Nachhaltigkeit ergibt sich, wie diese Struktur beziehungsweise dieser Umgang aussieht. Bei plant values beobachten wir unterschiedliche strukturelle Umgänge mit dem Thema und wollen hier drei typische näher beschreiben.

1. Klimaschutz als Leitthema für Nachhaltigkeit

Hier nimmt der Umgang mit den CO2-Emissionen die zentrale Rolle im Nachhaltigkeitsengagement des Unternehmens ein. Er wird dabei oft wegen der hohen gesellschaftlichen Relevanz, wegen der Bedeutung für den uns alle betreffenden Klimawandel oder auch wegen des Marktpotenzials oder Marketingpotenzials gewählt. Meist stehen damit Ziele wie Klimaneutralität im Mittelpunkt der Bemühung und auch der Kommunikation.

Wir beobachten, dass Unternehmen versuchen, andere Nachhaltigkeitsthemen mit den CO2-Emissionen oder Klimaschutz zu verbinden. Dadurch, dass Klimaemissionen in so vielen Bereichen des Handelns entstehen, ist diese Verbindung für viele Bereiche auch plausibel zu ziehen. Sogar Themen wie Bildung lassen sich durch Aufklärungsarbeit und Befähigung zu Klimaschutz damit verbinden. Andere wichtige Themen wie Diversity oder Menschenrechte entlang der Lieferkette, die nur indirekt Verbindung zu CO2-Emissionen zulassen, werden zwar ebenso umgesetzt, fügen sich aber dann weniger flüssig in die übergreifende Nachhaltigkeitsstrategie ein.

Dieser Typus hat den Vorteil, dass alle Aktivitäten, Ziele und Kommunikation auf den gemeinsamen Faktor Klimaschutz und Emissionsreduzierung ausgerichtet werden können. Das Gesamtbild ist damit klar umrissen, für alle Mitarbeitenden und Externe klar und deutlich leichter umsetzbar.

Nachteil ist, dass die Aktivitäten für Nachhaltigkeitsthemen vor allem auf den Umgang mit CO2-Emissionen ausgerichtet sind. Dies birgt die Gefahr, dass an der eigentlichen Verantwortung in einem anderen Bereich vorbei gearbeitet wird. Zudem lassen sich manche Nachhaltigkeitsthemen nicht konsequent in die Emissions-Logik einfügen.

2. Klimaschutz als "unabsichtliches" Leitthema für Nachhaltigkeit

Beim zweiten Typ stehen die CO2-Emissionen ebenfalls im Mittelpunkt der Nachhaltigkeitsbemühungen. Allerdings nicht, weil dies strukturiert entschieden wurde, sondern weil die Aktivitäten so gewachsen oder die Motivationen der Menschen im Unternehmen so gelagert sind. Diesen Typus beobachten wir oft bei kleineren Unternehmen mit begrenzten Ressourcen und bei solchen, die gerade erst beginnen, ihr Nachhaltigkeitsengagement auszubauen und zu strukturieren.

In diesen Fällen nehmen wir wahr, dass Klimaschutz das prominenteste der Nachhaltigkeitsthemen in der öffentlichen Diskussion und damit auch der Meinung der Menschen im Unternehmen ist. Aus diesem Verständnis heraus entwickeln sich dann oft erste Maßnahmen zu CO2-Emissionen. Diese setzen sich sozusagen organisch fort und erweitern sich zu Themen wie lokale Biodiversität (zum Beispiel die Blumenwiese und das Bienenhaus auf dem Firmengelände) oder Aufklärungsarbeit (in der Kooperation mit der örtlichen Schule).

Tatsächlich bietet dieser Typus den großen Vorteil, dass ganz automatisch die vorhandenen Motivationen im Unternehmen genutzt werden und auf bestehende Maßnahmen aufgebaut wird. So können verschiedene Nachhaltigkeitsthemen, geleitet von solchen für den Umgang mit CO2-Emissionen, das ganze Unternehmen durchdringen.

Wenn die Maßnahmen zu CO2-Emissionen und Nachhaltigkeit einen gewissen Umfang erreicht haben, kommt oft der Wunsch nach Strukturierung auf. Damit einhergehend werden dann meist die Nachhaltigkeitsmaßnahmen geprüft, geordnet und ggf. neu gewichtet. Von hier aus gehen die Unternehmen dann eher zu einem der anderen Typen über.

3. Klimaschutz als maßvoll gewichtetes Thema zwischen anderen Nachhaltigkeitsthemen

Hier nehmen die CO2-Emissionen nicht notwendigerweise eine prominentere Rolle ein. Die Unternehmen wollen den verschiedenen Nachhaltigkeitsbereichen, in denen sie besonders große Verantwortung tragen, ihre entsprechende Bedeutung zukommen lassen. Auch bei diesem analytischen Vorgehen stellen die meisten Unternehmen fest, dass CO2-Emissionen und Klimaschutz zu den bedeutendsten Themen zählen. Jedoch hat ihre Priorisierung durch das Vorgehen eine klarere Legitimation.

Wir beobachten dies am häufigsten bei Unternehmen, die sehr in öffentlichem Interesse stehen und umfassend zu Nachhaltigkeitsthemen arbeiten und berichten müssen. Außerdem auch bei solchen Unternehmen, die sich sehr ambitioniert mit Nachhaltigkeit befassen und der Komplexität des Themas nachkommen wollen.

Das Besondere bei dieser Struktur ist, dass die Unternehmen sich umfassend mit ihren Auswirkungen in den verschiedenen Nachhaltigkeitsthemen und den Meinungen der diversen Stakeholder auseinandersetzen. Oft geschieht das im Rahmen sogenannter Wesentlichkeitsanalysen. Im Ergebnis stellen die Unternehmen für sich eine Gewichtung der Nachhaltigkeitsthemen auf und versuchen den ausgewählten Themen entsprechend ihrer Wichtigkeit gerecht zu werden.

Der Prozess dieser Analyse kann gleichzeitig dabei helfen, das Verständnis für die verschiedenen Nachhaltigkeitsthemen zu vertiefen.

Er hilft insbesondere dann, wenn Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsberichterstattung an Standards ausrichten, die bestimmte Prozesse und Strukturen voraussetzen. Jedoch ist zu beachten, dass die Strukturierung der Themen und Maßnahmen, die gezielte Motivation bei den Mitarbeitenden und Externen sowie die Kommunikation komplex und aufwändig sind.

Fazit

Die Nachhaltigkeitsthemen, mit denen sich Unternehmen befassen und auseinander setzen müssen, sind divers und komplex. Trotz der festzustellenden Vielfalt spielen Klimaschutz und der Umgang mit CO2-Emissionen in fast allen von uns beobachteten Fällen eine wichtige Rolle. Welche Strukturierung der Nachhaltigkeitsthemen sie dabei für sich finden, ist im Grunde zweitrangig. Die Reduktion der Treibhausgase bleibt eine zentrale Aufgabe, an der alle ihren Teil beizutragen haben.

Während der beschriebene zweite Typ sich für Unternehmen anbietet, die ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten ausbauen wollen, eignen sich die anderen beiden Typen für Unternehmen, die für ihre Aktivitäten klare Strukturen suchen. Der erste Typ ist durch seine Klarheit attraktiv für Unternehmen, die ihre Ressourcen stärker schonen müssen. Der letzte Typ wiederum ist für solche Unternehmen fast unumgänglich, die Nachhaltigkeit strategisch und in einem größeren Umfang umsetzen wollen.

Die beschriebenen Typen sind nur bedingt als Schablone auf Unternehmen anzuwenden. Sie können aber Orientierung geben und damit Inspiration sein, wie die Themen Klimaneutralität, Klimaschutz und der Umgang mit den CO2-Emissionen im eigenen Unternehmen in Einklang mit anderen Nachhaltigkeitsthemen gebracht werden können.

 

Über plant values

Seit 2015 unterstützt die Nachhaltigkeitsberatung plant values mit Büros in Berlin, Dresden und Görlitz Unternehmen beim Erstellen und Umsetzen von ganzheitlichen Nachhaltigkeitsstrategien. Das Team setzt sich aus ausgebildeten Umwelt-, Finanz- und Wirtschaftsberatern zusammen und bildet mit seiner Kompetenz die Schnittmenge zwischen unternehmerischer Verantwortung und engagiertem Klimaschutz.

www.plant-values.de