Verfügbar, verlässlich, vergleichbar – Emissionsdaten für nachhaltige Lieferketten
18. Oktober 2021Was macht eine nachhaltige Lieferkette aus?
Von Katrin Bolkart und Lotte Schmidt, Customer Management ClimatePartner
In immer mehr Industrieländern sind Unternehmen gefordert, Übersicht über die CO2-Emissionen ihrer Lieferkette zu haben und darauf Einfluss zu nehmen. Das Ziel lautet, in allen Stufen der Warenproduktion Emissionen zu reduzieren und restliche Emissionen auszugleichen um auf Net Zero zu kommen. Auf welche Anforderungen müssen sich Unternehmen dabei einstellen?
Der Schutz von Menschenrechten, gerechte Arbeitsbedingungen, Umwelt- und Klimaschutz – damit sich hier in den weit verzweigten Geflechten internationaler Lieferketten und Zulieferbeziehungen etwas zum Besseren ändert, gab es bislang vor allem freiwillige Initiativen. Deren Wirkung war allerdings sehr begrenzt. Was sie nicht geschafft haben, soll zukünftig durch Gesetze geschehen: Unternehmen sollen entlang ihrer Lieferketten mehr Verantwortung für soziale und ökologische Belange übernehmen. In Deutschland wird dies zukünftig durch das sogenannte Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz umgesetzt. Es gilt ab 2023 für Unternehmen mit Hauptsitz in Deutschland und mehr als 3.000 Mitarbeitenden, ab 2024 wird es auch Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden betreffen.
Das kommende Lieferkettengesetz legt den Fokus zwar auf die soziale Nachhaltigkeit. Aber gerade im Kampf gegen den Klimawandel hat vor allem die ökologische Dimension eine zentrale Rolle. Hier können Unternehmen ansetzen und den ersten Schritt in Richtung einer nachhaltigen Lieferkette gehen.
Indem sie sich transparenten Einblick in ihre Emissionsquellen verschaffen und die größten Emissionstreiber erkennen, können sie erste Schlüsse für die dringendsten Handlungsfelder ableiten sowie weitere Maßnahmen erarbeiten und umsetzen.
Lieferketten: Der Schlüssel zum Emissionen-Sparen
Das CDP wertete für seinen Global Supply Chain Report 2019/20 zur Kategorie Klimawandel die Antworten von über 6.800 Unternehmen aus, die vor allem als Zulieferer und Lieferanten tätig sind. Demnach haben sie rund 8.000 Millionen Tonnen Treibhausgase pro Jahr (Scope 1 und 2) verursacht. Gleichzeitig konnten sie aber auch über 560 Millionen Tonnen Treibhausgase durch diverse Maßnahmen einsparen. Zum Beispiel indem sie die Energieeffizienz gesteigert und Prozessemissionen reduziert haben.
Hier wird deutlich: Lieferketten verursachen zwar hohe Emissionen, sie bieten aber auch ein hohes Einsparpotenzial. Das betrifft nicht nur die auftraggebenden Unternehmen, sondern alle Beteiligten. Betrachtet man zum Beispiel die Lebensmittel- und die Modeindustrie, sind hier die Vorketten enorm wichtig, etwa bei der Herkunft der Materialien und Rohstoffe sowie deren Transport- und Lieferwege. Lieferanten bilden hier einen entscheidenden Hebel, der sich auf den CO2-Fußabdruck des Endprodukts entscheidend auswirkt.
Erste Hürde: Vergleichbarkeit von Emissionsdaten
Viele Stufen entlang der Wertschöpfungskette eines Unternehmens finden außerhalb des eigenen Einflussbereiches statt und haben verschiedenste Auswirkungen. Genau hier beginnen die ersten Hürden: Zwar bieten internationale Standards Richtlinien und Bilanzierungsmethoden zur Erfassung von Emissionsdaten (z.B. das Greenhouse Gas Protokoll), jedoch unterscheiden sich die Voraussetzungen stark. Daten liegen sehr oft in unterschiedlichsten Formaten und Mengen vor, die Qualität unterscheidet sich sowohl von Region zu Region als auch zwischen den Standorten.
Auch innerhalb der Unternehmen können bereits große Unterschiede bei der Datenqualität bestehen. Infolgedessen können sie bei dem Ziel einer einheitlichen Bilanzierung oft an Grenzen stoßen. Genau diese Hürden gilt es zu nehmen und Daten zu Umwelteffekten und Emissionen bereitzustellen, aufzuarbeiten und vergleichbar zu machen. Fragestellungen, die hier erste Orientierung liefern, sind zum Beispiel:
- Welche Emissionsfaktoren ermöglichen die Quantifizierung der verursachten Treibhausgasemissionen?
- Wie weisen Unternehmen ihre Emissionen nach und dokumentieren Maßnahmen zur Reduzierung oder Vermeidung?
- Wurden für die Berechnung die gleichen Standards und Systemgrenzen herangezogen?
Die Vergleichbarkeit der Daten ist das Fundament für eine einheitliche Bilanzierung und die weitere Maßnahmenableitung. Nur wenn diese gegeben ist, lassen sich Reduktionspotenziale und Emissionseinsparungen auf einer gemeinsamen Basis erarbeiten und ermitteln.
Bevor es jedoch in die Vergleichbarkeit geht, müssen die CO2-Daten überhaupt verfügbar sein. Dazu ist es notwendig, sie zuverlässig zu sammeln und aufzubereiten. Allerdings haben lediglich knapp 17 Prozent der deutschen Unternehmen Informationen zu Emissionen und Klimaschutzmaßnahmen ihrer direkten Lieferanten, wie eine Studie des Handelsblatts Research Institute im Juli 2021 belegt. Sollen Unternehmen hierzu also Angaben machen, geht es in vielen Fällen nicht ohne Benchmarks und Schätzungen.
Der nächste Schritt: Unternehmen und Lieferanten kommen zusammen
Erreichen Lieferanten für sich und/oder ihre Produkte Klimaneutralität, wirkt sich das direkt auf die Scope 3 Emissionen der mit ihnen in Verbindung stehenden auftraggebenden Unternehmen aus und trägt dazu bei, den Carbon Footprint der Vorkette so gering wie möglich zu halten.
Emissionen werden in drei unterschiedliche Scopes aufgeteilt. Scope 3 umfasst alle indirekten Emissionen, die durch Lieferketten verursacht werden.
Neben diversen vertraglich geregelten Maßnahmen und Anforderungen können Unternehmen die eigenen Lieferanten auf dem Weg in Richtung Nachhaltigkeit und Klimaneutralität mit diesen Punkten unterstützen:
- Erhöhen des Primärdatenanteils: Sukzessive kann über gezielte Ausbildung und Schulung der Lieferanten der Anteil der Primärdaten über die Jahre erhöht werden. Dies macht die Lieferkette noch transparenter, die eigenen Scope 3 Emissionen können noch detaillierter berechnet werden.
- Gemeinsame Plattformen nutzen: Diese helfen, verschiedenste Datenformate an einer Stelle zu bündeln und für alle Nutzer verfügbar zu machen.
- Monitoringprozess etablieren: Unternehmen können mit einem ganzheitlichen Monitoring und Management über die Lieferkette etwaige Reduktionsmaßnahmen besser umsetzen und Synergien nutzbar machen.
- Lieferanten sensibilisieren: Know-How und Prozesse beim Lieferanten werden aufgebaut durch Sensibilisierung und Befähigung, beispielsweise durch festgelegte Verantwortlichkeiten, Bildung von Teams, Schulungen sowie Bereitstellen der nötigen Toollandschaft.
- Austausch fördern: Das Einholen von lieferantenspezifischem Feedback sowie der Austausch innerhalb der jeweiligen Branchen ermöglichen kontinuierliche Verbesserung und gemeinsamen Fortschritt in Richtung einer nachhaltigen Lieferkette, nachhaltiger Unternehmen als auch einem nachhaltigem Industriesektor.
- Regelmäßige Vergleichsstudien: Branchenspezifische als auch -übergreifende Benchmarks geben Aufschluss über die Positionierung im Markt sowie notwendige Ausrichtung der gemeinsamen Klimaschutzstrategie.
Unternehmen, die ihre Lieferkette nachhaltig aufstellen und gestalten, genießen viele Vorteile: Neben einem positiven Image können sie die Materialversorgung sicherstellen, Innovationen unterstützen und Beziehungen zu den Lieferanten als auch als Arbeitgeber stärken. Eine nachhaltige Lieferkette fördert Wertschöpfung und Erfolg und trägt dazu bei, CO2-Emissionen über den gesamten Wertschöpfungsprozess zu reduzieren.
ClimatePartner hilft Unternehmen dabei, Struktur und Einheitlichkeit der Daten und ihrer entsprechenden Berichterstattung zu gewährleisten, sowie bei den Scope 3 Emissionen Vergleichbarkeit zwischen den Lieferanten herzustellen. Dabei bauen wir auf langjährige Erfahrung in unterschiedlichsten Branchen und Produktportfolios und verfügen über Erfahrungswerte aus über 15 Jahren Zusammenarbeit mit über 4.000 Unternehmen.
Hintergründe und Infos rund um die nachhaltige Lieferkette vermittelt ClimatePartner zudem im Rahmen regelmäßiger Deep Dives.