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Gemeinsame Umfrage zu Klimalabeln: Interview mit der VERBRAUCHER INITIATIVE e.V.

1. Oktober 2024
Ein Portrait einer lächelnden Frau und eines Mannes

Klimalabel auf Produkten können Verbraucher:innen wertvolle Entscheidungshilfen bieten. Doch wie werden solche Label wahrgenommen? Welche Erwartungen haben Verbraucher:innen an die Klimaschutzkommunikation von Unternehmen? Gemeinsam mit ClimatePartner hat der Bundesverband VERBRAUCHER INITIATIVE e.V. eine Befragung seiner Mitglieder zum Thema Klimalabel durchgeführt.  

Eva Rössler, Unternehmenssprecherin von ClimatePartner, spricht mit Georg Abel, dem Bundesgeschäftsführer der VERBRAUCHER INITIATIVE e.V., zu den Ergebnissen.  

 

Eva Rössler: Klimakommunikation ist oft mit komplizierten Fachbegriffen verbunden oder basiert auf schwer einzuordnenden Emissionswerten. Wie viel Vorwissen dürfen wir Verbraucher:innen zumuten? Wie sieht in Ihren Augen eine sinnvolle Klimakommunikation aus, damit sie auch wirklich verständlich für alle ist?

Georg Abel: Die verwirrenden, unterschiedlichen Begrifflichkeiten vom bekannteren „CO2-Fußabdruck“ bis zum fast unbekannten „Scope 1/2/3“ erschweren eine Kaufentscheidung. Eine verständliche Kommunikation muss deshalb komplexe Inhalte für unterschiedliche Zielgruppen (Konsumenten, Mitarbeitende etc.) leicht erfassbar „übersetzen“. Ein Label könnte hier ein schneller, vielleicht nur „gefühlter“ Rat sein. Seine Wirkung hängt aber von einer hohen Verbreitung und einer breiten Kommunikation ab.

Knapp 60 % der Befragten bewerten Klimalabel als hilfreich. Machen Sie als VERBRAUCHER INITIATIVE e.V. die Erfahrung, dass diese auch (positiv) zur Kaufentscheidung beitragen?

Label sind eigentlich eine gute Sache, wenn entsprechendes Wissen oder zumindest eine „gefühlte“ Einordnung vorhanden ist. Angesichts der Label-Flut hat sich die Wirkung sicherlich reduziert. Es kommt deshalb besonders auf Anspruch, Transparenz, Vergabekriterien und -prozess an. Idealerweise bindet ein Zeichengeber unabhängige Dritte in Vergabe- und Kontrollverfahren ein. Für eine positivere Wirkung sind außerdem Verständlichkeit und Qualität – im Sinne von Informationstiefe – notwendig.

Angaben auf dem Produkt sowie die Bereitstellung weiterführender Informationen über einen QR-Code/Link werden in Sachen Klimakommunikation von den Befragten bevorzugt. Wie sieht für Sie eine transparente Kundenkommunikation aus?

Zunächst einmal geht es um ausdifferenzierte, zielgruppengerechte Kommunikation: Junge Menschen wollen textlich und von den Kommunikationswegen her anders angesprochen werden als Ältere. „Themenallianzen“, also die punktuelle inhaltliche Zusammenarbeit verschiedener Stakeholder, erhöhen aus unserer Sicht Wirkung und Glaubwürdigkeit. Ein breites, mehrstufiges Informationsangebot von der Verpackung über den PoS bis hin zu umfassenden Hintergründen im Internet verstärken die Wirkung.

Welche Informationen zum Klimaschutzengagement von Unternehmen sind in Ihren Augen für Verbraucher:innen wirklich relevant?

Unternehmenskommunikation stößt bei vielen Verbraucher:innen grundsätzlich eher auf Skepsis. Deshalb empfehlen wir eine Einbindung unabhängiger Dritter in Strategie, Umsetzung und Kommunikation. Für die Unternehmenskommunikation selbst ist eine umfängliche Strategie mit Zielen und Zwischenzielen ebenso wie regelmäßige „Erfolgs“-Nachweise notwendig. Vorrangig interessieren Verbraucher:innen aber Angaben zum Produkt.

Mit Blick auf die aktuellen Entwicklungen hinsichtlich neuer Gesetzgebungen für Umweltaussagen (z. B. Green Claims Directive) – wie bewerten Sie Klimalabel im Allgemeinen? Wie ist Ihre grundsätzliche Haltung zu den anstehenden Regulierungen?

Wir begrüßen, dass die EU einen Beitrag gegen Greenwashing leisten und Verbraucher:innen eine nachhaltigere Kaufentscheidung ermöglichen möchte. Deshalb ist es erst einmal sinnvoll, zentrale Anforderungen für Green Claims, Labels und deren Bewertungsmethoden aufzustellen. Es bleibt aber abzuwarten, wie die Umsetzung der Green Claims Directive konkret aussehen wird.

Welche Schlussfolgerungen aus der Umfrage ziehen Sie selbst für Ihre Arbeit als Verbraucherorganisation?

Das Thema Klima mit allen Facetten und dem Verbraucherblick bearbeiten wir intensiv weiter. Aktuell arbeiten wir u. a. an einem bundesweiten Maßnahmenpaket zur Klimaanpassung für Verbraucher:innen („Klima ändert Dich!“) und an einem mehrjährigen, europaweiten Projekt („CARE“) zur Reduktion von Lebensmittelabfällen sowie der Langlebigkeit von Textilien. Wir kommunizieren thematisch über unsere monatlichen Themenhefte, unserem Verbraucher- und kostenlosem Online-Magazin, online oder über soziale Medien.

Welche Handlungsempfehlungen für Unternehmen ergeben sich für Sie aus der Umfrage?

Das Thema Klima als Teil einer umfänglicheren Nachhaltigkeitsstrategie sorgt auch weiterhin für den Unterschied zum Mitbewerb. Dazu tragen u. a. grundsätzliche (anspruchsvolle) Unternehmensziele, die Gestaltung der Lieferkette, das Warenangebot und eine glaubwürdige Kommunikation bei. Dieses Gesamtportfolio hilft auch beim Umgang mit Lieferanten, Mitarbeitenden und letztendlich den wählerischeren Konsument:innen. In einem oft gesättigten Markt und bei knapperen Haushaltsbudgets ist dieser Ansatz eigentlich alternativlos.

Zu den vollständigen Ergebnissen der Umfrage, die ClimatePartner gemeinsam mit der VERBAUCHER INITIATIVE e.V. umgesetzt hat, gelangen Sie in der nächsten Ausgabe der Mitgliederzeitschrift der VERBRAUCHER INITIATIVE e.V. hier.

 

Ergänzende Umfrage und Einordnung von ClimatePartner

ClimatePartner hat zeitgleich 2250 Personen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zu selbigem Thema online befragt. Und auch die ClimatePartner-Umfrage bestätigt den Eindruck, dass Klimaschutz weiterhin ein relevantes Thema bei Verbraucher:innen ist: 75 % der Befragten wollen, dass Unternehmen ihr Klimaschutzengagement sichtbar machen. Rund 64 % würden ein solches Produkt sogar einem anderen vorziehen. Das ist für uns ein klares Signal: Klimaschutz spielt beim Einkauf weiterhin eine wichtige Rolle.

Doch die Erkennbarkeit klimafreundlicher Angebote ist oft eine Herausforderung. Verbraucher:innen bevorzugen hier laut beider Umfragen eine direkte Angabe auf dem Produkt. Dabei müssen jedoch unterschiedliche Bedürfnisse berücksichtigt werden: Verbraucher:innen sollten auf einen Blick erkennen, welche Art von Klimaschutz geleistet wurde - z. B. Reduktionsmaßnahmen in der eigenen Wertschöpfungskette und/oder die Finanzierung von Klimaschutzprojekten. Der Platz auf Verpackungen ist allerdings sehr begrenzt. Bei unseren Labels „ClimatePartner-zertifiziert“ und „Finanzieller Klimabeitrag“ integrieren wir daher einen QR-Code/Link zu einer weiterführenden Website, auf der bspw. der vollständige CO2-Fußabdruck sowie konkrete Klimaschutzmaßnahmen sichtbar sind. Diese QR-Codes/Links werden laut Umfrage als sinnvolle Option wahrgenommen.

Für ClimatePartner ist ausschlaggebend, dass Unternehmen ihr Klimaschutzengagement verständlich und ohne Risiko präsentieren können und dies auch für Verbraucher:innen nachvollziehbar ist. Klimakommunikation ist in den letzten Jahren zunehmend faktischer geworden - Verbraucher:innen sind heutzutage viel informierter. Wir erleben aber auch, dass es bei Unternehmen eine generelle Zurückhaltung bei der Kommunikation zum Klimaschutz gibt – aus Angst vor Greenwashing-Vorwürfen. Diesen Trend beobachten wir mit Sorge: Wenn Unternehmen aufhören, erfolgreiche Innovationen oder Maßnahmen zu kommunizieren, werden auch keine Impulse gesetzt, Erfahrungen ausgetauscht oder andere Unternehmen motiviert, gleichzuziehen. Der Verlierer ist dann am Ende der Klimaschutz.  

Im ersten Schritt sollte es Unternehmen darum gehen, Klimaschutz als langfristigen Bestandteil in der Unternehmensstrategie zu verankern und nicht um die „Einkaufswirkung“ gehen. Klimaschutz ist viel mehr als ein Marketinginstrument. Es geht um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wenn Unternehmen konsequent danach handeln, sind wir überzeugt davon, dass Verbraucher:innen, aber bspw. auch Bewerber:innen, Journalist:innen oder auch andere Stakeholder das entsprechend wahrnehmen und würdigen.

Mehr zur ergänzenden ClimatePartner-Umfrage erfahren Sie hier. Gerne stehen wir Ihnen für ein tiefergehendes Gespräch zu den Ergebnissen zur Verfügung.  

 

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