Beyond Value Chain Mitigation (BVCM)
Beyond Value Chain Mitigation (BVCM) Definition
Beyond Value Chain Mitigation (BVCM) (deutsch: Emissionsminderung außerhalb der Wertschöpfungskette) wurde erstmals im Corporate Net-Zero Standard der Science Based Targets Initiative (SBTi) definiert. Der Begriff beschreibt Klimaschutzmaßnahmen oder Investitionen in Aktivitäten, die außerhalb der Wertschöpfungskette eines Unternehmens liegen. Dazu gehört die Finanzierung von Klimaschutzprojekten, die Treibhausgasemissionen vermeiden oder reduzieren oder die Treibhausgase aus der Atmosphäre entfernen und speichern. Die SBTi empfiehlt, dass sich Unternehmen nicht nur kurz- und langfristige wissenschaftlich fundierte Reduktionsziele – sogenannte Science-based Targets – setzen, um die Emissionen innerhalb ihrer eigenen Lieferkette zu reduzieren, sondern auch in Maßnahmen außerhalb ihrer Wertschöpfungsketten investieren.
BVCM soll zeitnah und deutlich Emissionen zu reduzieren. So sollen die globalen Emissionen Mitte der 2020er Jahre ihren Höhepunkt erreichen und dann bis 2030 halbiert werden. BVCM soll auch zusätzliche Finanzmittel bereitstellen, damit sich neue Klimaschutzlösungen und Technologien verbreiten können und wir Net Zero erreichen.
Warum ist Beyond Value Chain Mitigation wichtig?
Der Klimawandel erfordert dringende Gegenmaßnahmen. Unternehmen als Hauptverursacher von Treibhausgasemissionen spielen daher eine entscheidende Rolle dabei, Net Zero und das Ziel des Pariser Abkommens zu erreichen.
Aktuell sind wir heute weit vom 1,5 °C-Ziel entfernt. Nach den jüngsten Prognosen des IPCC steuern wir mit den heute umgesetzten Maßnahmen auf einen Temperaturanstieg zwischen 2,2 und 3,5 °C zu. Das liegt zum Teil daran, dass viele Länder nicht über die nötigen Richtlinien oder Finanzmittel verfügen, um ihre Emissionsreduktionsziele, die sogenannten Nationally Determined Contributions (NDCs), zu erreichen. Außerdem sind die aktuellen NDCs nicht ehrgeizig genug, um einen 1,5 °C-Kurs zu verfolgen.
Mit BVCM-Maßnahmen können Unternehmen dazu beitragen, diese Herausforderung zu lösen. Mit der Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen, die im NDC eines Gastlandes verankert sind, können Unternehmen das Land dabei unterstützen, seine Emissionsreduktionsziele zu erreichen. Indem sie in Klimaschutzprojekte investieren, die nicht Teil des NDC eines Landes sind, tragen Unternehmen dazu bei, Ziele zu erreichen, die über die NDCs hinausgehen.
Mit BVCM-Maßnahmen unterstützen Unternehmen andere wirtschaftliche, staatliche und soziale Akteure wie zum Beispiel andere Unternehmen, Regierungen oder NGOs dabei, Treibhausgasemissionen einzusparen. So beschleunigen Unternehmen das Tempo auf dem Weg zu Net Zero.
Stellenwert von Beyond Value Chain Mitigation
Die sogenannte Emissionsminderungshierarchie (englisch: mitigation hierachy) beschreibt die Rolle von BVCM innerhalb der Klimaschutzstrategie eines Unternehmens. Laut SBTi sollte es für Unternehmen an erster Stelle stehen, sich wissenschaftlich fundierte kurz- und langfristige Ziele zur Emissionsreduktion innerhalb ihrer Wertschöpfungsketten zu setzen und entsprechende Strategien umzusetzen, um diese Ziele zu erreichen.
Die SBTi empfiehlt Unternehmen darüber hinaus, in Klimaschutzmaßnahmen zu investieren, die außerhalb der eigenen Wertschöpfungskette Emissionen reduzieren. Dabei ist es kurzfristig gesehen wichtig, Klimaschutzprojekte zu unterstützen, die Emissionen vermeiden, reduzieren oder aus der Atmosphäre entfernen. Ein Beispiel für emissionsvermeidende Projekte ist der Waldschutz (REDD+). Mögliche Projekte, die Emissionen reduzieren, sind effiziente Kochöfen, sauberes Trinkwasser und erneuerbare Energien. Langfristig sollten Unternehmen vor allem Projekte unterstützen, die Emissionen dauerhaft binden oder abscheiden, um so ihre Restemissionen zu neutralisieren. Ein Beispiel für eine solche Projekttechnologie ist Direct Air Capture and Storage, ein technisches Verfahren, bei dem CO2 aus der Atmosphäre abgeschieden und entweder unterirdisch oder in Zement oder Beton gespeichert wird.
Beispiele und Maßnahmen für Beyond Value Chain Mitigation
Bei der Entscheidung für bestimmte BVCM-Maßnahmen schlägt die SBTi vor, sich an vier Grundsätzen zu orientieren:
- Die Ergebnisse maximieren: Mit den vorhandenen Ressourcen soll die größtmögliche Wirkung für den Klimaschutz erzielt werden.
- Auf unterfinanzierte Maßnahmen konzentrieren: Unternehmen sollen vor allem BVCM-Maßnahmen finanzieren, die die Unterstützung der Privatwirtschaft benötigen.
- Die Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) der Vereinten Nationen unterstützen: Unternehmen sollen Klimaschutzmaßnahmen finanzieren, die neben dem Klimaschutz auch andere positive Effekte haben, zum Beispiel auf Lebensgrundlagen, Wassersicherheit oder Biodiversität.
- Ungleichheit bekämpfen: Unternehmen sollen BVCM-Maßnahmen in Ländern mit niedrigem Durchschnittseinkommen unterstützen, die am wenigsten für den Klimawandel verantwortlich, aber am stärksten davon betroffen sind.
Es gibt drei verschiedene Ansätze, um die Höhe eines BVCM-Beitrags festzulegen:
Tonne für Tonne
Dieser Ansatz ist an den CO2-Fußabdruck eines Unternehmens gekoppelt. Dabei unterstützt ein Unternehmen BVCM-Maßnahmen mit einem Beitrag, der seinem CO2-Fußabdruck in einem bestimmten Zeitraum (z. B. in einem Jahr) entspricht. Die Höhe des Beitrags wird durch den Preis bestimmt, den ein Unternehmen pro Tonne CO2 bezahlt, die reduziert, vermieden oder entfernt wird. Im Fall von verifizierten Emissionsreduktionen (VERs) richtet sich der Preis nach dem aktuellen Marktpreis auf dem freiwilligen CO2-Markt.
Geld für Tonne
Bei diesem Ansatz finanziert ein Unternehmen BVCM-Maßnahmen auf Basis eines Referenzpreises, der im Voraus für die restlichen Emissionen des Unternehmens in einem bestimmten Zeitraum festgelegt wird. Die Höhe des Betrags hängt von den gewählten CO2-Kosten ab, zum Beispiel, welcher interne CO2-Preis festgelegt wurde. Mit dieser Methode sind Unternehmen flexibel, einen Teil der Gelder in Klimaschutzmaßnahmen zu investieren, die stark zukunftsorientiert sind oder deren Wirkung noch nicht messbar ist. Dazu gehören die Finanzierung von Klimaschutzprojekten in frühen Entwicklungsphasen, die Unterstützung von Naturschutzprojekten, die keine VERs generieren, oder die Unterstützung von Forschung und Entwicklung neuer Klimaschutztechnologien.
Geld für Geld
Bei diesem Ansatz investieren Unternehmen einen Teil ihres Umsatzes oder Gewinns in BVCM-Maßnahmen. Die Höhe des Betrages wird durch den gewählten Indikator (zum Beispiel Gewinn oder Umsatz) und den gewählten Prozentsatz bestimmt. Wie beim Geld-für-Tonne-Ansatz können Unternehmen auch hier einen Teil der finanziellen Mittel für Klimaschutzmaßnahmen verwenden, die eher zukunftsorientiert oder deren Ergebnisse noch nicht messbar sind.
Erfahren Sie mehr über die verschiedenen BVCM-Ansätze im Whitepaper von ClimatePartner Impact auf englischer Sprache.