Green Deal, Green Recovery, Green Economy
26. Juni 2020Klimaschutz als Weg aus der Krise
Die Corona-Pandemie hat die Wirtschaft in eine Schieflage gebracht, ein grundlegender Wandel ist für viele Branchen unvermeidbar. Genau jetzt hätten wir damit aber auch die Gelegenheit, alte Fehler zu korrigieren und uns zukunftsfähig auszurichten. Den Rahmen hierfür soll der Green Deal der EU bilden. Er wirkt in seiner aktuellen Form jedoch zu langsam, um eine Antwort auf die aktuellen Herausforderungen geben zu können. Mit dem Konzept von Klimaneutralität, wie es bereits im Clean Development Mechanism des Kyoto-Protokolls definiert ist, haben Unternehmen schon jetzt ein sofort wirkendes Werkzeug an der Hand, das zugleich auch neue Impulse für einen Weg aus der Krise geben kann.
Unter dem Stichwort „Green Recovery“ fordern Unternehmen, Verbände und Organisationen, den Wiederaufbau einer Wirtschaft „nach Corona“ an strikte ökologische Bedingungen zu knüpfen. Und tatsächlich: den Rahmen für diesen Neustart soll der „Green Deal“ der EU bilden. Das Gesetzespaket zielt darauf ab, bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen. So manche Klimaschutzvorhaben, die bislang aus Kostengründen als nicht realisierbar galten, könnten somit endlich ermöglicht werden.
Der Green Deal soll also Maßstab und Instrument zugleich sein, um die Wirtschaft nach der Krise insgesamt nachhaltig und widerstandsfähig zu gestalten. Er setzt auf ein massives Investitionsprogramm bei Immobilien und Infrastruktur, auf die Initiierung von Projekten für erneuerbare Energie, den Umbau des Verkehrs in Richtung grüne Mobilität sowie die Finanzierung eines EU Funds für einen gerechten Übergang (EU Just Transition Fund). Diese Maßnahmen sind sehr zu begrüßen und auch wichtig, um strukturelle Veränderungen hin zum Klimaschutz zu ermöglichen.
Allerdings ist zweifelhaft, ob er in seiner aktuellen Form die Weichen so schnell auf „grün“ stellen kann, wie es die drängenden Probleme des Klimawandels tatsächlich erfordern. Zahlreiche Umweltverbände kritisieren daher auch, dass das Gesetz ungenau und vage formuliert ist und fast ausnahmslos langfristige Zielsetzungen verfolgt. Selbst das als noch zu niedrig angesehene Zwischenziel einer europaweiten CO2-Reduktion auf mindestens 55 Prozent bis 2030 ist in ihm noch nicht verbindlich festgelegt. Eine „Green Recovery“ unter den Bedingungen kann also nur eingeschränkt den Klimaschutz voran zu bringen. Woran sollten sich Unternehmen also orientieren, die sich jetzt entscheiden und ihre Strategien für die Zukunft ausrichten wollen?
Klimaneutralität: es geht auch schneller
Eines ist unbestritten: Klimaschutz im Unternehmen und klimaneutrale Produkte sollten bei einem Neustart der Wirtschaft größere Aufmerksamkeit als bislang bekommen. Hier lässt sich schon jetzt weit mehr erreichen, als es aktuell in den Gesetzesvorgaben formuliert ist.
Der Green Deal führt vor allem langfristig wirkende Mechanismen wie CO2-Einsparung und -Vermeidung, einen erhöhten CO2-Preis für den Energiebereich und energieintensive Industrien sowie umstrittene Technologien wie die Speicherung von CO2 (CCS) auf. Konkrete Vorgaben dazu, wie sie eingesetzt werden sollen, nennt er allerdings nicht. Zudem vernachlässigt er sofort wirksame Instrumente wie den CO2-Ausgleich und die entsprechende Finanzierung von Klimaschutzprojekten völlig. Dabei ist dieses Instrument bereits als „Clean Development Mechanism“ (CDM) im Kyoto-Protokoll definiert: Klimaneutralität wird erreicht, wenn an einem Ort entstandene Emissionen durch Maßnahmen an einem anderen Ort in gleicher Höhe ausgeglichen werden.
Natürlich muss es das Ziel sein, Emissionen zu reduzieren und zu vermeiden. Dennoch: die Vernachlässigung des CO2-Ausgleichs im Gesetz ist umso schwieriger zu verstehen, als eine klimaneutrale Weltwirtschaft ohne diesen bis 2050 schlicht nicht zu erreichen ist. Ebenso lässt es außer Acht, dass durch CO2-Kompensation finanzierte Klimaschutzprojekte genau den Schutz von Biodiversität erbringen, wie er im Gesetz als Unterstützung zur Klimaneutralität gefordert ist.
Zukunftsfähigkeit für Klima und Wirtschaft
Die anhaltend hohen Teilnehmerzahlen an Informationsveranstaltungen zum Klimaschutz wie der ClimatePartner Academy seit März 2020 belegen, dass Unternehmen ihn als Teil ihrer allgemeinen Verantwortung und gerade in Krisenzeiten auch als Differenzierungsmerkmal innerhalb ihrer Branche verstehen. Viele wollen lieber jetzt als später damit beginnen, sich für die Zukunft zu wappnen und entsprechend aufzustellen.
Sie müssen nicht auf politische Vorgaben und Entscheidungen warten, denn es gibt bereits einen Weg: Wir bei ClimatePartner sehen Klimaneutralität im Sinne des Kyoto-Protokolls als wirksamen Wegbereiter hin zu einer nachhaltigen und umweltverträglichen Wirtschaft, der zugleich auch Innovationen fördert. CO2-Emissionen erfassen, Vermeidungs- und Reduktionspotenziale identifizieren und unvermeidbare Emissionen durch zertifizierte Klimaschutzprojekte ausgleichen - so umgesetzte Klimaneutralität bedeutet nicht nur einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz. Sie ermöglicht auch eine genaue Betrachtung, Formulierung und Optimierung interner Prozesse und Strategien, mit denen Unternehmen sich krisenfester positionieren können.