UN-Klimakonferenz in Bonn – was hat sie gebracht?
20. November 2017Am vergangenen Wochenende ist die Bonner Klimakonferenz COP23 zu Ende gegangen. Zwei Wochen lang haben die 195 teilnehmenden Staaten um die Zukunft des Weltklimas gerungen – und dabei auch einige Ergebnisse erzielt. Wie ist der Klimagipfel zu werten? Ein Ausblick auf die aus unserer Sicht wichtigsten Themen.
Der Geist von Paris
Die Bonner Klimakonferenz war die erste internationale Klimakonferenz nach der Bekanntmachung des US-Präsidenten, aus dem Pariser Abkommen auszutreten. Trotz der Ankündigungen vieler Staaten im Vorfeld der Konferenz, am Pariser Abkommen festzuhalten, war bis zuletzt unklar, welche negativen Folgen der Ausstieg des weltweit zweitgrößten Emittenten von Treibhausgasen auf die Verhandlungen haben würde. Am Ende der Konferenz zeigten sich viele Teilnehmer und Beobachter erleichtert, dass der „Geist von Paris“ nach wie vor lebendig ist und die internationale Klimadiplomatie auch ohne die USA weiter funktioniert. Zudem wurde deutlich, wie gespalten die USA in der Klimafrage sind, denn eine Reihe von US-Bundesstaaten (u.a. Kalifornien) und verschiedene Kommunen und Unternehmen hatten im Vorfeld das Bündnis „We are still in“ geschlossen, das auf der Klimakonferenz in Bonn anwesend war.
Die Rolle des Gastgebers Deutschland
Als das „Land der Energiewende“ wäre Deutschland vor einigen Jahren noch eine besondere Rolle als Gastgeber für die internationale Klimakonferenz zugekommen. In den letzten Jahren haben jedoch andere Staaten die Deutungshoheit in der internationalen Klimadiplomatie übernommen – allen voran China. Insgesamt wurde anerkannt, dass Deutschland als Gastgeber eine gute Figur gemacht hat, die Konferenz inhaltlich jedoch nicht spürbar prägen konnte. Das war zu erwarten, schließlich hatte Deutschland lediglich die „technische“ Rolle des Gastgebers inne, während den Vorsitz der Konferenz die Republik Fidschi hatte. Der Mangel an klaren inhaltlichen Impulsen von deutscher Seite ist aber sicherlich auch der aktuellen innenpolitischen Situation geschuldet – schließlich haben die inzwischen gescheiterten Koalitionspartner einer schwarz-gelb-grünen Regierung über die Themen Klimaschutz und Energiepolitik besonders gestritten.
Die Rolle der Kohle
Stark thematisiert wurde die Rolle der Kohle für den Klimawandel. Überraschend war, dass 20 Staaten unter der Führung Kanadas und Großbritanniens den schrittweisen Ausstieg aus der Kohlekraft verkündeten. Weltweit hat der Kohlestrom einen Anteil von 40 Prozent an der Stromerzeugung und gilt von allen fossilen Energieträgern als derjenige mit den höchsten CO2-Emissionen je erzeugter Kilowattstunde Strom. Ein Ausstieg aus der Kohle würde also einen signifikanten Beitrag zum Klimaschutz leisten. Deutschland gehört mit einem Kohleanteil von ebenfalls 40 Prozent zu den Schlusslichtern in Europa – schlechter sind nur Bulgarien, Griechenland, die Tschechische Republik und Polen. Dennoch konnte sich die Kanzlerin bei ihrer Rede in Bonn nur zu der allgemeinen Erkenntnis durchringen, dass die Kohle (resp. Kohlereduktion) in Deutschland in Zukunft einen „wesentlichen Beitrag“ zum Klimaschutz leisten müsse. Konkreter wurde sie nicht.
Die Ausgestaltung des Pariser Abkommens
Das vor zwei Jahren verabschiedete Pariser Abkommen gilt nach wie vor als Meilenstein in den internationalen Klimaschutzbemühungen. Dennoch sind viele Details des Abkommens noch ungeklärt und strittig. Dabei geht es um scheinbar banale Themen, etwa um die Frage, wie die Treibhausgasemissionen der Staaten zu messen sind. Gerade diese Detailfragen sind es jedoch, die ein großes Konfliktpotenzial bergen und in der Umsetzung des Abkommens noch zu einem Scheitern führen können. Hier konnte die Bonner Klimakonferenz konkrete Ergebnisse erzielen, indem der Entwurf für ein umfassendes Regelwerk zur Ausgestaltung des Pariser Abkommens verabschiedet wurde. Dieses Regelwerk soll auf der nächsten Klimakonferenz 2018 im polnischen Kattowitz beschlossen werden.
Wie geht es jetzt weiter?
Insgesamt war die Bonner Klimakonferenz damit ein wichtiger Etappensieg auf dem Weg, den Ausstoß von Treibhausgasen weltweit zu reduzieren. Die Ergebnisse der Konferenz sind nicht bahnbrechend, jedoch weisen sie in die richtige Richtung. Sie machen aber auch deutlich, wie schwierig und kräftezehrend es ist, die ehrgeizigen Beschlüsse von Paris in die Umsetzung zu bekommen.
Doch was geschieht, bis sich die Staaten geeinigt haben und das Pariser Abkommen 2020 in Kraft tritt? Wir haben die Wahl, abzuwarten oder heute schon zu handeln. Die Mechanismen für effektiven Klimaschutz sind bekannt: Vermeiden, Reduzieren und Ausgleichen von CO2-Emissionen – das gilt für Individuen, Unternehmen und Staaten gleichermaßen. Umso mehr, als 2016 das Jahr mit dem höchsten Ausstoß an Treibhausgasen in der Geschichte der Menschheit war. Zudem klafft zwischen den Zielen von Paris (Klimaneutrale Weltwirtschaft bis 2050 und Begrenzung der globalen Erwärmung auf maximal zwei Grad) und den Mitteln zur Erreichung der Ziele nach wie vor eine große Lücke. Wenn wir alle aktuellen Reduktionspläne weltweit umsetzen, steuern wir immer noch eine Erwärmung von mehr als vier Grad bis 2100 zu – mit verheerenden Folgen.
Möglicherweise reicht es also nicht, sich ausschließlich auf die internationale Diplomatie zu verlassen. Wir brauchen Leuchtturmprojekte aus der Mitte der Gesellschaft, die verdeutlichen, wie Klimaschutz funktionieren kann – insbesondere von Unternehmen, die zeigen, wie sich wirtschaftlicher Erfolg und Klimaschutz gegenseitig befruchten können. Ein solches Projekt mit Signalwirkung ist zum Beispiel die Stiftung 2° – Deutsche Unternehmer für Klimaschutz. In deren Namen haben Anfang November 52 Unternehmen eine Erklärung unterzeichnet, um Aufmerksamkeit in den Sondierungsgesprächen zur Koalition auf das Thema Klimaschutz zu erreichen.
Wer sich heute intensiv dem Thema widmet, muss in Zukunft keine bösen Überraschungen fürchten – etwa durch strengere Regularien. Und motiviert andere, sich ebenfalls für dieses wichtige Thema zu engagieren.
Eine Analyse von Dr. Christian Reisinger
Foto: Eröffnung COP23, ©BMUB/Sascha Hilgers