Wie können Unternehmen Klimaneutralität glaubwürdig kommunizieren?

14. Juni 2022

7 Tipps zur Kommunikation im Klimaschutz

Der Online-Händler Bergfreunde.de wurde 2022 von Capital und Statista zum klimabewusstesten Unternehmen Deutschlands gewählt. Entsprechend Aufmerksamkeit hat das klimaneutrale Unternehmen in den Medien dafür bekommen. Andere Unternehmen engagieren sich ebenfalls im freiwilligen Klimaschutz, investieren Zeit und Geld etwa in klimaneutrale Produkte – und zögern mit der Kommunikation dazu, weil sie fürchten, sie könnten kritisiert oder gar mit Greenwashing-Vorwürfen konfrontiert werden. 

Bergfreunde.de macht vieles richtig: Sie arbeiten kontinuierlich an der Reduktion ihrer Emissionen und haben alle bislang unvermeidbaren Emissionen ausgeglichen. Das sogar rückwirkend bis zur Gründung 2006. Das Unternehmen beschreibt diesen Weg zur Klimaneutralität offen und konkret auf der Website. Die Geschäftsführer veröffentlichen in regelmäßigen Abständen Videos, in denen sie über ihre Schritte im Klimaschutz sprechen und auch, welche Schwierigkeiten auftreten. 

Wie gelingt glaubwürdige Kommunikation im Klimaschutz? Sieben Tipps dazu. 
 

1. Das Prinzip klar darstellen: CO2-Emissionen berechnen, reduzieren, ausgleichen 

Wenn klimaneutrale Produkte in Medien oder von NGOs kritisiert werden, liegt es häufig daran, dass das Prinzip der Klimaneutralität nicht vollständig bekannt ist oder nicht klar genug dazu kommuniziert wurde. Deshalb ist es sinnvoll, das Prinzip der Klimaneutralität zu erklären: Klimaneutral sind Unternehmen, Prozesse und Produkte, deren CO2-Emissionen berechnet, so weit wie möglich reduziert und die restlichen Emissionen durch Unterstützung international anerkannter Klimaschutzprojekte ausgeglichen wurden. Dieser Ausgleich von CO2-Emissionen ist neben Vermeidung und Reduktion ein wichtiger Schritt im ganzheitlichen Klimaschutz.  

Wo immer klimaneutrale Leistungen vorgestellt werden, empfehlen wir also, den Dreiklang aus Berechnung, Reduktion und Kompensation zu beschreiben. 
 

2. Klimaneutralität wird immer über CO2-Ausgleich erreicht 

Insbesondere der Ausgleich der Emissionen ist oft missverständlich, manche Kritiker unterstellen, dieser Schritt würde bewusst verschwiegen. Dabei kann kein Produkt CO2-frei sein und kein Unternehmen CO2-frei wirtschaften, zumindest noch nicht zum heutigen Stand der Technik. Wer das klarstellt und sich zur Kompensation und zur Unterstützung der Klimaschutzprojekte bekennt, kann diese Angriffsfläche vermeiden. 

Noch besser, wenn Unternehmen dazu noch konkrete Einsparungen an Emissionen vorweisen können und in diesem Kontext präsentieren. 
 

3. Das Prinzip von Klimaschutzprojekten erläutern 

Manchmal wird auch die Wirksamkeit von Klimaschutzprojekten als solche angezweifelt. Klimaschutzprojekte leisten einen entscheidenden Beitrag zur Bekämpfung der globalen Erwärmung, indem sie nachweislich Treibhausgase einsparen oder aus der Atmosphäre binden. Das kann etwa durch Waldschutz, Aufforstung oder den Ausbau erneuerbarer Energien oder andere Technologien erfolgen. Zusätzlich fördern Klimaschutzprojekte eine nachhaltige Entwicklung in den Projektländern, zum Beispiel indem sie die Versorgung mit sauberem Trinkwasser verbessern oder indem lokale Infrastrukturen ausgebaut werden, Arbeitsplätze entstehen oder die Biodiversität erhalten bleibt.  

Um als Klimaschutzprojekt zertifiziert zu werden, müssen sie die Erfüllung von vier Kriterien nachweisen: Zusätzlichkeit, Ausschluss von Doppelzählung, Dauerhaftigkeit und regelmäßige Überprüfung durch unabhängige Dritte. So streng wird kaum etwas in Nachhaltigkeit und Umweltschutz überwacht: Klimaschutzprojekte werden nach international anerkannten Standards zertifiziert und regelmäßig von unabhängigen Validation und Verification Bodies (VVBs) überprüft. Initiativen wie die International Carbon Reduction and Offset Alliance (ICROA) oder das Integrity Council for the Voluntary Carbon Market (ICVCM) arbeiten an Qualitätsrichtlinien wie zum Beispiel den Core Carbon Principles, die den CO2-Ausgleich durch Emissionsminderungszertifikate sowie die Generierung von Zertifikaten sicherstellen. 

Die komplexen Zusammenhänge hinter den Mechanismen der Klimaschutzprojekte gilt es, so verständlich wie möglich darzustellen. Dann bieten die Projekte auch die Chance, das Engagement anschaulich zu machen und an konkreten Maßnahmen und Auswirkungen aufzuzeigen, was das Unternehmen mit der Klimaneutralität bewirkt. 
 

4. Korrekte und nachweisbare Aussagen zum Klimaschutz treffen 

Manche Marketing-Verantwortliche in Unternehmen möchten das Thema Klimaschutz möglichst werblich ausnutzen. Dann fallen Aussagen wie „klimapositiv“, „CO2-frei“ oder „der erste klimaneutrale Anbieter von X“ oder „das erste klimaneutrale Produkt Y“. Bei solchen allzu werblichen Aussagen zum Thema folgt häufig Kritik – oder sogar Anklagen. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn die Aussagen schlicht falsch sind: „klimapositiv“ oder „CO2-frei“ kann kein Produkt und kein Unternehmen sein, denn es ist nicht möglich, etwas zu produzieren ohne Treibhausgasemissionen auszustoßen. Auch bei klimaneutralen Produkten sind Emissionen entstanden, die durch den CO2-Ausgleich nicht verschwinden. Die Aussage „klimapositiv“ versuchen manche Werbetreibenden mit einer Überkompensation zu rechtfertigen, also indem sie mehr Emissionen ausgleichen, als sie verursacht haben. Doch das ist nicht haltbar und in keinem offiziellen Standard oder Vertrag gerechtfertigt. 

Wir empfehlen, mit der Werbung zur Klimaneutralität sehr vorsichtige Aussagen zu treffen und bei den Bezeichnungen zu bleiben, die nachweisbar und vor allem relevant sind. Am Ende wollen die Verbraucherinnen und Kunden nicht das Gefühl haben, der Klimaschutz des Unternehmens sei nur Werbung – sie wollen ernsthaftes Engagement um der Sache willen sehen. 
 

5. Ein etabliertes Label zur Kennzeichnung der Klimaneutralität nutzen 

Ein Label, das von einer dritten Organisation vergeben wird, ist deutlich glaubwürdiger als selbst gestaltete Logos und Claims. Entscheidend ist, es sichtbar und lesbar am Produkt anzubringen, wie es inzwischen viele Markenprodukt-Hersteller und Handelsketten mit ihren Eigenmarken tun – oder, bei klimaneutralen Unternehmen und Dienstleistungen, entsprechend auf der Homepage oder sonstiger Kommunikation zum Thema.  

Das Label von ClimatePartner ist in unabhängigen Portalen gelistet, wie zum Beispiel bei Siegelklarheit.de vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, co2emissiefactoren.nl, einem Portal des niederländischen Umweltministeriums, bewusstkaufen.at oder labelinfo.ch. Es hat in vielen Branchen eine hohe Wiedererkennbarkeit. Bei Amazon sind mit dem ClimatePartner-Label gekennzeichnete Produkte automatisch für das Programm Climate Pledge Friendly qualifiziert und somit als nachhaltige Produkte auffindbar. 
 

6. Weitere Informationen zum Vorgang und zum Klimaschutzprojekt geben 

Im Idealfall bietet das Label Zugang zu weiteren Informationen, wie es beim ClimatePartner-Label mit dem ID-Tracking der Fall ist: welches Klimaschutzprojekt wurde unterstützt, wie viele Emissionen mussten ausgeglichen werden, wie wurden die Systemgrenzen bei der Berechnung der Emissionen gesetzt, für welchen Zeitraum gilt die Klimaneutralität? Ziel ist, konkret und klar nachvollziehbar zu machen, wie die Klimaneutralität erreicht wurde. Alle Schritte zur Klimaneutralität sind eindeutig im ClimatePartner-Protocol dokumentiert. So können auch Außenstehende einsehen, was hinter der Auszeichnung steht, wie Emissionen berechnet werden und was für den CO2-Ausgleich gilt.

Bild- und Videomaterial zu den Klimaschutzprojekten hilft, das Projekt, seine technische Funktion und seine Wirkung verständlich und greifbar zu machen. Bei den Projekten von ClimatePartner erklären wir außerdem, zu welchen SDGs (UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung) das Projekt beiträgt. 
 

7. Die Reduktion von Emissionen darstellen 

Mit am wichtigsten für die Glaubwürdigkeit ist die tatsächliche Vermeidung und Reduktion der CO2-Emissionen des Unternehmens oder im Lebenszyklus des Produkts. Dies ist ein kontinuierlicher Prozess im Unternehmen, für den es eine klare Strategie und Ziele braucht, die regelmäßig überprüft und nachjustiert werden. 

Aus unserer Erfahrung wird das Thema anschaulich, wenn es mit seinen konkreten Erfolgen und Auswirkungen dargestellt wird. Vielleicht wurde die Verpackung mit mehr Recyclinganteil produziert und auf diese Weise 15 Prozent der Produktemissionen eingespart? Welche Schritte sind weiter geplant? Was sind die nächsten Reduktionsziele? Das hilft den Verbraucherinnen und Kunden, den Erfolg im Klimaschutz konkret zu verstehen. 
 

Transparenz ist alles

Transparenz ist alles, wenn es um glaubwürdige Kommunikation im Klimaschutz geht. Und schließlich die deutliche Einsparung an CO2-Emissionen. Denn eine geschickte Kommunikation kann ein Unternehmen nicht zum Klimaschützer machen, wenn nicht tatsächlich sinnvolle Ergebnisse für das Klima dahinter stehen.