SBTi oder CSRD? Ausweg aus dem Klimaziel-Dilemma

28. November 2024

Ein Beitrag von Natalie Sepke und Luca Bisio


Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) ist 2024 in Kraft getreten und verpflichtet Unternehmen zu einer standardisierten und detaillierten ESG-Berichterstattung, um Transparenz und Rechenschaftspflicht im Nachhaltigkeitsbereich zu fördern. Eine dieser Anforderungen umfasst die Offenlegung bestehender Klimaziele und, falls zutreffend, ihrer Details.

Bis zur Einführung der CSRD war die Science Based Targets Initiative (SBTi) die maßgebliche Instanz, die Unternehmen dazu anregte, sich wissenschaftlich fundierte Klimaziele zu setzen, die im Einklang mit dem Pariser Abkommen zur Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5°C stehen. Mit dem Inkrafttreten der CSRD stehen viele Unternehmen nun vor der Herausforderung, die beiden Rahmenwerke in Einklang zu bringen – insbesondere jene Unternehmen, die bereits über validierte SBTi-Ziele verfügen oder aufgrund von Anforderungen in ihrer Wertschöpfungskette dazu angehalten sind, sich zu SBTi-Zielen zu verpflichten.

SBTi und CSRD: Drei wesentliche Unterschiede bei der Zielsetzung

Trotz der scheinbaren Übereinstimmung zwischen SBTi und CSRD in Bezug auf das Ziel (42 Prozent Reduzierung bis 2030, 90 Prozent bis 2050) gibt es wesentliche Unterschiede, die Unternehmen bei der Festlegung ihrer Ziele berücksichtigen sollten: Basisjahr, Abdeckung und sektorspezifische Vorgaben.

Basisjahr

Das Basisjahr dient als Referenzpunkt für die Berechnung der Treibhausgasemissionen (THG) eines Unternehmens und stellt den Maßstab für die Bewertung des Fortschritts bei der Emissionsreduzierung im Laufe der Zeit dar.

SBTi-Basisjahr:

  • erlaubt keine Normalisierung von Ausreißern
  • erlaubt das Festlegen eines Basisjahrs ab 2015
  • berücksichtigt keine dynamischen Aktualisierungen des Basisjahres (d. h., Reduktionsmaßnahmen beziehen sich stets auf das ursprünglich festgelegte Jahr)
  • und schließt Reduktionen, die vor dem Basisjahr erzielt wurden, von der Anrechnung auf das Ziel aus.

CSRD-Basisjahr:

  •  verlangt Normalisierungsmaßnahmen, um Repräsentativität sicherzustellen
  • erlaubt die Festlegung eines Basisjahres, das bis zu drei Jahre vor dem ersten Berichtszeitraum liegen kann
  • verlangt, dass das Basisjahr ab 2030 alle fünf Jahre aktualisiert wird 
  • und erlaubt die Berichterstattung über Reduktionen, die zwischen 2020 und dem Basisjahr erzielt wurden

Diese Unterschiede bedeuten nicht zwangsläufig, dass Unternehmen mit bereits festgelegten SBTi-Zielen ihr Basisjahr anpassen müssen, um den Anforderungen der CSRD zu entsprechen. Beide Rahmenwerke beziehen sich auf den Zeitrahmen von 2020 bis 2030, um ein Mindestreduktionsziel von 42 Prozent festzulegen. Die SBTi berücksichtigt keine Reduktionen, die vor dem Basisjahr erzielt wurden. Deshalb sollten Unternehmen ein Basisjahr wählen, das vor der Umsetzung wesentlicher Reduktionsmaßnahmen liegt. 

Die CSRD berücksichtigt Reduktionen ab 2020, so dass Unternehmen ein späteres Basisjahr wählen können, ohne den Fortschritt bei der Zielerreichung zu gefährden. Ein SBTi-Basisjahr ab 2020 kann angemessen sein, während der aktuellste CCF als CSRD-Basisjahr dienen kann. Das feste Bezugsjahr 2020 in beiden Rahmenwerken ermöglicht es, die SBTi mit dem dynamischen Basisjahransatz der CSRD in Einklang zu bringen. Für einige Unternehmen kann die Festlegung eines neuen Basisjahres für die SBTi unnötig komplex und für die Erfüllung der CSRD-Anforderungen nur von begrenztem Nutzen sein. Zudem besteht das Risiko, dass frühere Reduktionsanstrengungen nicht mehr anerkannt werden. 

Abdeckung

Die SBTi verlangt, dass Klimaziele mindestens 95 Prozent der Emissionen aus Scope 1 und Scope 2 sowie 67 % der Scope-3-Emissionen umfassen müssen. Bei der CSRD wird die Abdeckung nicht erwähnt. Es ist daher unklar, ob Unternehmen bei ihren festgelegten Abdeckungsquoten bleiben können oder ob die geforderte Reduktion von 42% nach CSRD-Vorgaben auf 100 % aller Treibhausgasemissionen angewendet werden muss. Wenn die CSRD tatsächlich eine vollständige Abdeckung fordert, wären die absoluten Emissionsreduktionen nach SBTi-Standards geringer als nach CSRD-Vorgaben, falls ein Unternehmen nur die Mindestanforderungen der SBTi erfüllt.

Sektorspezifische Richtlinien

Unter dem SBTi-Rahmenwerk sind Unternehmen in bestimmten Sektoren verpflichtet, spezifische Methoden und Regeln zur Festlegung ihrer Ziele zu befolgen. Konkret bedeutet dies, dass Unternehmen im Sektor Forst-, Land- und Agrarwirtschaft (FLAG) sowie Finanzinstitute entsprechend den SBTi-Richtlinien zwei separate Zielsetzungen festlegen müssen. Ein Ziel bezieht sich auf sektorspezifische Emissionen, während das andere die Emissionen im Rahmen des allgemeinen corporate Net-Zero-Standard umfasst. Da die CSRD ihre sektorspezifischen Leitlinien erst im Jahr 2026 veröffentlichen wird, sind diese Zielsetzungen möglicherweise noch nicht aufeinander abgestimmt. Künftig ist es daher von entscheidender Bedeutung, dass die doppelte Zielsetzungsanforderung nicht mit den CSRD-Vorgaben in Konflikt stehen. Es sollte außerdem besonders darauf geachtet werden, dass die sektoralen SBTi- und CSRD-Pfade künftig aufeinander abgestimmt sind.  

Flexibilität der SBTi und rigide Anforderungen der CSRD 

Während es drei Diskrepanzen bei der Zielsetzung zwischen der SBTi und der CSRD gibt, resultieren weitere Unterschiede auch aus der größeren Flexibilität, die das SBTi-Rahmenwerk bietet. Zum Beispiel verlangt die CSRD, dass Unternehmen die 1,5°C Anpassung ihrer Ziele für alle drei Scopes offen legen, wohingegen die SBTi den Unternehmen ermöglicht, entweder den 1,5°C-Pfad oder den „deutlich unter 2°C“-Pfad für Scope-3-Emissionen zu wählen.

Ein weiterer Unterschied betrifft das Zieljahr: Die CSRD schreibt vor, dass das erste Reduktionsziel spätestens für 2030 gesetzt werden muss, während die SBTi einen flexibleren Zeitrahmen bietet. Sie erlaubt Unternehmen, ihre Ziele innerhalb eines Zeitrahmens von fünf bis zehn Jahren ab dem Einreichungsdatum festzulegen. Bei einer Einreichung im Jahr 2024 kann das ein Zieljahr bis 2034 bedeuten.

Außerdem schreibt die CSRD absolute Reduktionsziele vor, gestattet jedoch zusätzliche Intensitätsziele, sofern diese einen substanziellen Beitrag leisten. Die SBTi bietet hier mehr Flexibilität für Scope-3-Emissionen und ermöglicht Unternehmen die Wahl zwischen absoluten, intensitätsbasierten oder engagementbasierten Zielen.

Hilfe bei der Navigation durch die Rahmenwerke 

Trotz dieser Unterschiede sind das übergeordnete Ziel und die wissenschaftliche Grundlage sowohl der SBTi als auch der CSRD aufeinander abgestimmt und spiegeln das gemeinsame Engagement wider, die globale Erwärmung auf 1,5°C zu begrenzen. ClimatePartner unterstützt Ihr Unternehmen bei der Entwicklung glaubwürdiger und nachhaltiger Ziele, die sowohl die Anforderungen der SBTi als auch der CSRD erfüllen. Wir führen Sie durch die Komplexität der beiden Rahmenwerke, wählen die am besten geeigneten Optionen innerhalb der SBTi aus, um die Einhaltung der CSRD sicherzustellen. Des Weiteren unterstützen wir Unternehmen dabei, zu prüfen, ob und inwiefern bereits bestehende Ziele aktualisiert werden müssen.

Für weitere Informationen oder Unterstützung stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

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